Ein iGEM-Forschungsprojekt: transFERRITIN Ein Ferritin-basiertes Drug-Delivery-System zur Bekämpfung von Antibiotika Resistenzen
Ein iGEM-Forschungsprojekt: transFERRITIN
Ein Ferritin-basiertes Drug-Delivery-System zur Bekämpfung von Antibiotika Resistenzen
Wer wir sind und was iGEM ist, möchten wir euch schnell in ein paar kurzen Sätzen erklären. Bleibt dran, um anschließend mehr über unsere spannende und innovative Projektidee zu erfahren.
Hinter iGEM verbirgt sich die international Genetically Engineering Machine competition, ein internationaler Forschungswettbewerb im Bereich der Synthetischen Biologie, an dem weltweit hunderte Teams teilnehmen und mit ihren eigenen, selbst entwickelten Projektideen gegeneinander antreten. Wirklich kompetitiv ist es aber nur bei der finalen viertägigen Konferenz in Paris (Grand Jamboree, 02.-05.11.23), bei der alle Teams zusammenkommen und ihre Ergebnisse vorstellen. Bis dahin arbeiten die Teams ein Jahr lang miteinander und vernetzen sich, um den wissenschaftlichen Austausch zu fördern. Neben der Forschungsarbeit am Laptop und im Labor sind Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit, Science Communication, wissenschaftlicher Austausch mit Expert:innen, Finanzierung und Sponsoring, Webdesign und Programmierung, Projektplanung, Modelling und vieles mehr relevant. Das ist der Grund, weshalb unser Team sehr interdisziplinär aufgestellt ist: Wir sind 16 Studierende der Universität Hamburg aus verschiedenen Studiengängen der MIN-Fakultät wie Molecular Life Sciences, Biologie, Chemie, Nanoscience und Molecular Plant Science. Diese Interdisziplinarität sorgt dafür, dass jeder seine individuellen Stärken einbringen kann, um möglichst viele Bereiche des Projektes abzudecken. Betreut werden wir von Prof. Dr. Michael Kolbe und Dr. Mirko Himmel. Unsere Laborarbeiten führen wir in den Laboren des modernen Forschungsinstitutes CSSB am Desy Campus durch.
Wenn wir hiermit dein Interesse geweckt haben, dann melde dich gerne unter igem.hamburg@gmail.com bei uns, um beim nächsten Projekt dabei zu sein. Nun lasst uns aber ein bisschen über Wissenschaft reden und zunächst ein paar Fakten klarstellen:
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit Jahren vor einer durch bakterielle Resistenzen verursachten Gesundheitskrise. Schon jetzt gehören Infektionen mit resistenten Keimen weltweit zu einer der häufigsten Todesursachen. Konsequenterweise rücken die dafür verantwortlichen Antibiotikaresistenzen immer mehr in den Fokus der Medizin und Forschung. Mit dem Projekt “transFERRITIN” erforscht das iGEM-Team Hamburg 2023 eine innovative Möglichkeit eines Drug-Delivery-Systems mit synergistisch wirkenden antibakteriellen Komponenten, um resistente Keime zu bekämpfen.
Ferritin ist ein in Menschen natürlich vorkommendes Speicher- und Transportprotein und fungiert unter normalen Umständen als Teil des Eisenmetabolismus. Mit “transFERRITIN” wollen wir an diesem Transportsystem ansetzen und das humane Ferritin als Gerüst zur gezielten Penetration resistenter Pathogene nutzen. Auf dieser Basis konzipieren wir ein Drug-Delivery-System zum Wirkstofftransport in Bakterien.
Abb. 1: Ferritin-Untereinheit (links), assembliertes Ferritin aus 24 Untereinheiten zu einem hohlen Protein-”Container” (rechts).
In dieses System kapseln wir eine Kombination von antibakteriellen Komponenten ein, die synergistisch wirken und so potenzielle Antibiotikaresistenzen inhibieren. Dabei ist es unsere Vision, Antibiotika zu reaktivieren, die durch bakterielle Resistenzen unwirksam geworden sind. Ferritin erweist sich als Container nützlich, da die (Dis-)Assemblierung seiner 24 Untereinheiten einfach durch Änderungen des pH-Wertes reguliert werden kann.Abb. 2: Assemblierung der Ferritin-Untereinheiten bei pH 7 / 8 und Disassemblierung bei Änderungen des pH-Wertes.
Ein Schlüsselelement unseres Projektes ist das spezifische Einbringen des Ferritin-Wirkstoff-Komplexes in bakterielle Zielorganismen. Um den Eintritt zu ermöglichen, fusionieren wir Cell-Penetrating-Peptides (CPPs) mit der äußeren Ferritin-Oberfläche. Cell Penetrating Peptides sind Peptide aus wenigen Aminosäuren, die in einigen Studien gezeigt haben, dass sie Zellmembranen mitsamt eines Cargos passieren können. In unserem Projekt testen wir drei verschiedene CPPs, um den Eintritt in die Bakterienzelle zu untersuchen.
Abb. 3: Cell Penetrating Peptides (links), assembliertes Ferritin mit jeweils einem CPP pro Ferritin-Untereinheit (rechts).
Um den Ferritin-Wirkstoff-Komplex wirklich gezielt in einen ausgewählten Bakterienstamm zu transportieren, arbeiten wir an einer Möglichkeit, um die Spezifität des Komplexes zu erhöhen. Eine Option wäre, eine Seitenkette der Ferritin-Untereinheit so zu modulieren, dass ein Nanobody, also eine kleinere Version eines Antikörpers, mittels Click-Chemie binden und das freie Ende des Nanobodies spezifisch einen Liganden auf der Oberfläche des Bakteriums binden kann.
Abb. 4: Nanobody, der bivalent an eine Ferritin-Untereinheit und an ein Target binden kann (links), der Ferritin-Wirkstoff-Komplex ausgestattet mit den Nanobodies für eine höhere Spezifität (rechts).
Nach Optimierung unseres Transportsystems in dem Modellorganismus Escherichia coli werden wir den Komplex an Pseudomonas aeruginosa zur Umsetzung unseres Systems in die reale Welt testen. Unser besonderes Augenmerk soll bei dem Projekt auf der Modularität des Transport-Systems liegen. Der Transport-Komplex ist aus verschiedenen Bausteinen aufgebaut, die alle wie in einem Lego-Baukasten ausgetauscht werden können, um den Komplex bei verschiedenen Bakterienstämmen anzuwenden. Durch diese Modularität gewährleisten wir ein hochflexibles Transportsystem für verschiedene Anwendungszwecke.
Abb. 5: Die Mindmap zeigt all die verschiedenen Komponenten unseres Transportsystems.
Was der Transport im Vergleich zur Verabreichung der herkömmlichen Medikamente bringen soll? Gute Frage! Wir stellen die Hypothese auf, dass die Wirkstoffe durch den Transport in die Bakterienzelle lokal effektiver und in geringerer Konzentration wirken können, womit wir die Effizienz steigern und Ressourcen einsparen können. Zudem erhoffen wir, dass wir durch den gezielten Transport mögliche Resistenzmechanismen der Bakterien umgehen können, was wir durch die Nutzung der synergistisch wirkenden, antibakteriellen Wirkstoffe untermauern werden. Diese Hypothesen gilt es in unserem Projekt durch Experimente und Kontrollen zu erforschen.
Wenn ihr Fragen zum Projekt, zum Wettbewerb oder zur Teilnahme am nächsten iGEM-Projekt habt, dann meldet euch gerne unter folgender Mail-Adresse: igem.hamburg@gmail.com.
Sobald unsere Website ab Mitte Oktober fertiggestellt wurde, findet ihr alle Informationen zu unserem Forschungsprojekt unter: https://2023.igem.wiki/hamburg/.
Weitere Einblicke in unser Projekt seht ihr auf unserem Instagram-Kanal: igem.hamburg
(Autor:innen: Lisa Siemers, Fanny Ott, Maren Hinz)
Referenzen:
(1) https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/antibiotic-resistance
(2) https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)02724-0/fulltext
(3) https://www.who.int/news/item/27-02-2017-who-publishes-list-of-bacteria-for-which-new-antibiotics-are-urgently-needed
(4) Lee, HM., Ren, J., Tran, K.M. et al. Identification of efficient prokaryotic cell-penetrating peptides with applications in bacterial biotechnology. Commun Biol 4, 205 (2021). https://doi.org/10.1038/s42003-021-01726-w
(5) Ma Y, Li R, Dong Y, You C, Huang S, Li X, Wang F, Zhang Y. tLyP-1 Peptide Functionalized Human H Chain Ferritin for Targeted Delivery of Paclitaxel. Int J Nanomedicine. 2021 Feb 4;16:789-802. doi: 10.2147/IJN.S289005. PMID: 33568906; PMCID: PMC7869709.
(6) Mei Y, Chen Y, Sivaccumar JP, An Z, Xia N, Luo W. Research progress and applications of nanobody in human infectious diseases. Front Pharmacol. 2022 Aug 12;13:963978. doi: 10.3389/fphar.2022.963978. PMID: 36034845; PMCID: PMC9411660.
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