Mensch-Umwelt-Konflikte im UNESCO Biosphärenreservat Mount Elgon, Kenia
Im Zuge der 30by30-Agenda und der globalen Bedrohung durch den Klimawandel ist die Errichtung von Schutzgebieten zunehmend zentrales Werkzeug im Kampf gegen den Biodiversitätsverlust geworden. Das globale Netzwerk aus Schutzgebieten dient dem Erhalt von bedrohten Ökosystemen und Arten, während Parks und Reservate auch beliebte Reiseziele und wichtige Einkommensquellen für Staaten darstellen. Zunehmend dominieren heutzutage jedoch partizipativere, verträglichere Formen der Schutzgebiete, so wie das UNESCO Biosphärenreservat (BR), in denen Naturschutzinteressen und die sozioökonomischen Bedürfnisse der Lokalbevölkerung gleichermaßen vereint werden sollen. Gleichzeitig birgt Naturschutz weiterhin enormes Konfliktpotenzial: Nicht selten führen die restriktiven, oftmals militarisierten und aus der Kolonialzeit stammende Ansätze der fortress conservation, die sich insbesondere durch Tourismus und Mensch-Natur-Dualismus charakterisieren lassen, zu massiven Landrechts- und Ressourcenkonflikten, in denen Bevölkerungsinteressen oftmals Naturschutzzielen und ökonomischen Potenzial untergeordnet werden.
Mount Elgon ist ein ca. 4300m hoher Schildvulkan auf der Grenze zwischen Uganda und Kenia mit einzigartiger afromontaner Vegetation sowie besonders hoher Artenvielfalt und wurde 1993 zum Nationalpark erklärt (Abb. 1). Es handelt es sich um ein stark militarisiertes und äußerst konfliktträchtiges Schutzgebiet, welches bereits in seinen Grundzügen seit der Kolonialzeit besteht. Seine Errichtung führte zu zahlreichen Zwangsumsiedlungen und schränkt heute den Ressourcenzugang der Lokalbevölkerung massiv ein, ohne ausreichend Alternativen bereitzustellen. 2005 erhielt das Gebiet den Status des UNESCO BR, der Nationalpark wurde in das BR eingegliedert. Forschungsarbeiten des Instituts für Geographie der Universität Hamburg im Oktober 2021 haben gezeigt, dass beim Implementierungsprozess des BRs Bevölkerungsinteressen nur unzureichend berücksichtigt wurden und kaum Wissen über die Existenz des Schutzgebietes bei lokalen Stakeholder*innen und der Bevölkerung besteht. Gleichzeitig ist es in den vergangenen Jahrzehnten zu Konflikten rund um die sensiblen Fragen der Landrechte und des Ressourcenzugang gekommen, in dem massive Menschenrechtsverletzungen im Namen des Naturschutzes begangen worden sind.
Die angestrebte Forschung befasst sich mit den gesellschaftsrelevanten Themen der Nachhaltigkeit von Naturschutzmaßnahmen und Mensch-Natur-Konflikten im Regionalfokus Uganda. Die mangelnde Datenlage und das Ausbleiben der obligatorischen Evaluationen von BRs werfen die zentralen Fragen nach ihrer Effektivität sowie der Faktoren, die Planung, Implementierung und Management beeinflussen, auf. Das Projekt soll dazu beitragen, politische, sozioökonomische und ökologische Verhältnisse vor Ort besser zu verstehen und einen Beitrag zur Konfliktlösung leisten. Hierzu gehört ein umfangreiches Verständnis der räumlichen Verhältnisse sowie des sense of place der Lokalbevölkerung. Zusätzlich soll sich tiefer mit der kolonialen Vergangenheit der Region inklusive Schutzgebiete auseinandergesetzt werden und erforscht werden, inwiefern Vergangenheit und aktueller Umgang mit ihr noch immer Akzeptanz und Erfolg der Naturschutzmaßnahmen beeinflusst. Bei den gewählten Forschungsmethoden handelt es sich hierbei um eine Mischung aus sozialwissenschaftlichen Kartierungsmethoden, Interviewansätzen sowie tiefgründiger Literaturanalyse. Bei der Forschung sollen verschiede Stakeholder*innen, insbesondere jedoch die Perspektiven der Lokalbevölkerung berücksichtigt und analysiert werden, um zur nachhaltigen Verbesserung des Managementansatzes des UNESCO BR Mount Elgon beizutragen.
Studentische Forschungsgruppe
William Armando Vargas Ordonez
Michèle von Kocemba
Mentor
Prof. Dr. Udo Schickhoff